Das koreanische Energiebewusstsein

Beim Schreiben eines Beitrages über das Städtchen Taebak als Teil eines Ausfluges durch die Provinz Gangwon sind mir beim Recherchieren wieder einige Dinge ins Bewusstsein getreten, die mich veranlasst haben, einen Artikel über das koreanische Energiebewusstsein zu verfassen.

In der Vergangenheit war die Stadt Taebaek eine von vielen Städten der Region Gangwon, die ihre Kohle mit Kohle verdienten, also Bergbau in großem Maße. Mittlerweile ist die Kohleförderung in Korea stark zurückgegangen. Heute werden in drei Mienen weniger als 2 Millionen Tonnen Kohle jährlich gefördert [1], während es in den späten 80 Jahren noch ganze 25 Millionen Tonnen waren [2]. Das heißt natürlich nicht, dass sich der Verbrauch an Kohle oder anderen Energieträgern im Land ebenso stark reduziert hat, ganz und gar nicht. Der Energieverbrauch des Landes schießt in die Höhe. Das Land verbraucht enorm viel Energie, welche großteils importiert wird. Das gilt auch für Kohle. Was mir in diesem Zusammenhang aufstößt, ist der Aspekt, dass im Land keine wirklich sinnvollen Maßnahmen zum Energiesparen ergriffen werden. In öffentlichen Einrichtungen, wie an Universitäten, wird dann einfach von der Regierung festgelegt, wie warm es zum Beispiel in einem Gebäude sein darf und wann geheizt wird [3]. Ganz klasse, bei so viel Weitsicht kann man einfach nur gratulieren. Dadurch wird das Problem natürlich reduziert, aber nicht gelöst. In privaten Haushalten existiert keine Regulierung durch die Regierung. Hier wird geheizt und gekühlt, bis es im Sommer Winter ist und vice versa. Dieser Aspekt zusammen mit dem Bauboom in Korea kann einfach nur zur weiteren Verschwendung von wertvollen Energieressourcen führen. Wenn der Energieverbrauch eines Landes weiter ins unendliche steigt, sollte man überlegen, wie man den Verbrauch effizient senken kann. Entweder man benutzt im Winter also gar keine Heizung und im Sommer gar keine Klimaanlagen mehr, oder man fängt mal damit an, zu hinterfragen, WARUM denn die ganze Zeit die Klimaanlagen laufen müssen.

Der Grund ist natürlich, dass die Gebäude, in denen man arbeitet und wohnt, nicht ausreichend isoliert sind. Es findet ein kontinuierlicher Wärmeaustausch mit der Umgebung statt. Gerade im Winter merkt man das deutlich, da das Kälteempfinden eines Menschen wohl größer ist, als im umgekehrten Falle. Würde man also mal damit anfangen, in Korea Dämmmaterial zu benutzen, so könnte es im Sommer angenehm kühl bleiben, und im Winter angenehm warm. Vermutlich sehe ich aber nicht das komplette Bild, da mein Horizont ja schließlich auch beschränkt ist. Man merkt halt immer wieder deutlich die kulturellen Unterschiede. Das Denken wird zum Beispiel in Korea gern von Vorgesetzten übernommen. Die mehr oder weniger fleißigen Arbeiter folgen dann den Anweisungen dieser Vorgesetzten, ohne sich Gedanken über die Logik von gestellten Aufgaben zu machen. Die Regierung sagt, wir sparen jetzt Energie, indem wir die Raumtemperatur regulieren, und alle folgen brav, weil ja irgendein schlauer Mensch auf einem wichtigen Posten jahrelang Erfahrungen im Energiesektor gehabt hat. Es tut mir Leid, im Büro bei 18°C am Rechner zu sitzen und zu frieren löst das eigentliche Problem nicht. Man kann nur hoffen, dass die Bevölkerung aller Länder mit Energie bewusster umgehen und das bereits in naher Zukunft.

Das beste Beispiel für das missratene Verständnis von Energie ist beim nächtlichen Autofahren zu beobachten. An roten Ampeln wird dann einfach das Licht für eine Minute ausgeschaltet und damit hat man seinen Beitrag zum Energiesparen geleistet [4]. Wie viel Energie wird jetzt gespart, wenn man an einer Ampel das Licht ausschaltet? Man spart definitiv mehr Energie, wenn man die Klimaanlagen im Sommer nicht auf 18°C runter regelt, so wie viele der Koreaner es gern machen. Im Nachbarlabor meiner Universität hatten wir einen dieser Studenten, welcher ein Musterbeispiel für ein solches koreanisches Energiebewusstsein darstellte. Bei Außentemperaturen von über 30°C wurde die Klimaanlage im Büro auf LOW gestellt, d.h. weniger als 18°C!!!  Dauerbetrieb also, da muss man dann schon mal einen Pulli im Büro anziehen. Aber der Strom kommt ja aus der Steckdose! Und was soll’s, wenn man die Klimaanlage aufdreht und die Kälte nach draußen abzieht, dann ist halt draußen auch nicht mehr so heiß. Das sind dann zwei Fliegen mit einer Klappe! 🙂 Genau diese Art von Logik und das damit verbundene Bewusstsein ist es, welches die Bevölkerung weltweit dazu beitragen lässt, dass wertvolle Ressourcen verschwendet werden.

So, jetzt hab ich mich hier auch viel zu lang über die koreanische Umweltfreundlichkeit aufgeregt, daher muss ich wahrscheinlich schnell noch was positives nachschießen. In Korea zahlen nämlich Haushalte mit überdurchschnittlich hohem Energieverbrauch überdurchschnittlich viel für die Kilowattstunde Strom. Das sollte in vielen Ländern mal so übernommen werden, denn nur so kann man viele Menschen zum Energiesparen bewegen. Damit verabschiede ich mich von meinem kalten Büroplatz am Fenster, der mich im Winter immer wieder erstaunen lässt, wie gut ein Fenster doch licht- und wärmedurchlässig sein kann.

Quellen:
[1] www.kocoal.or.kr
[2] Weltbergbaudaten 2013
[3] Aussage unserer vorbildlich funktionierenden Haustechnik und der Aushänge im Institut
[4] Persönliche Erfahrung

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